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Laos: Eine geführte Motorradtour / Tagebuch.

Mal aus der Sicht eines Mitreisenden. Eine Tour wie sie nicht jeder erleben darf.

Start.

Laos 2004

Nun ist es schon wieder fast sechs Monate her, dass ich mich für eine organisierte Motorradreise nach Thailand/Laos entschieden habe. Morgen ist der Abflug, und ich muss leider immer noch in meinem Geschäft stehen. Heute Abend checke ich noch einmal mein Gepäck und einen Teil der Ausrüstung. Eine Endurojacke und –hose habe ich mir beim Veranstalter reservieren lassen. Nicht schlecht, dann brauche ich mir die Kleidung nicht extra zu kaufen. Sehe ja auch etwas komisch aus mit Endurokleidung auf einer GSXR 1100.

Abflug in Frankfurt. Nach einem kurzen Stopp in Dubai lande ich mit vier weiteren Teilnehmern in Bangkok.

Meine vier Teamkollegen kommen aus dem Schwarzwald - und ich von der Nordseeküste! Na klasse! Sprachlich komme ich mir vor, als wäre ich mit vier Japanern unterwegs. Die würde ich auch nicht verstehen, wenn sie sich unterhielten. Ein Dialekt zum "Fürchten".

Es ist 15:00 Uhr. Unser Tourleiter Armin trifft im Hotel ein. Er kommt direkt aus Laos.
Eine kurze Teambesprechung und wir wissen zufrieden, wie es weitergeht.

Abendessen um 19:00 Uhr in einem Freiluftrestaurant (und das Anfang Januar). Anschließend noch ein kleiner Bummel durch einige ebenfalls Open-Air-Bars und dann ab ins Bett.


Erster Tag


Frühstück um 08:30 Uhr.
Anschließend packen wir unser Reisegepäck in einen bereitstehenden Minibus, der uns zu Bangkoks größter Sehenswürdigkeit bringt: Dem Wat Phra Kheo und Königspalast. Ist schon beeindruckend so ein Rundgang an diesem Ort. Anschließend noch ein Abstecher nach China Town, wo ich die wohl köstlichste gebratene Ente meines Lebens serviert bekomme. Über einen Highway, vorbei an Bangkoks imposanter Skyline, geht’s danach zum Airport.

16:00 Uhr: Abflug mit der Laos Air nach Vientiane, der Hauptstadt des Landes. Bei der Ankunft wird erstmal Eintritt fällig. 30 $ müssen noch für das Visa bezahlt werden, und dann stehen wir vor dem Flughafengebäude. Armin hat schon zwei Taxen besorgt und mit etwas altersschwachen Autos geht's nun in die City. City, Hauptstadt? Kommt mir gar nicht vor wie die Hauptstadt eines Landes, eher wirkt alles so etwas dörflich. Rikschas mit und ohne Motor kreuzen unseren Weg. Überall die laotischen Landesflaggen, dazwischen sehe ich rote Fahnen. Whow, immer noch mit Hammer- und Sichel-Emblem. Das ich das noch erleben darf!

Unser Hotel, ganz im französischen Stil, gefällt allen, außer unserem Teamkollegen Werner. Der wünscht sich lieber eine schöne alte Schmuddelbruchbude. Ja, Werner ist ein Fall für sich, aber davon später. Mittlerweile ist auch noch ein thailändischer Scout, der Mr. Manop, im Hotel eingetroffen. Er kam direkt per Flieger aus Chiang Mai, Nordthailand.

19:00 Uhr: Abendessen, mal wieder vom Feinsten. Die asiatische Küche hat schon etwas.


Zweiter Tag


Frühstück um 08:30 Uhr. Zu unserem Staunen gibt es frische Baguette (Laos war mal französische Kolonie). Kleiner Wermutstropfen: Wir können Vientiane noch nicht verlassen - es fehlt noch eine Genehmigung zur Abreise. Da es sich schon herausgestellt hat, dass wir eine flexible Truppe sind, wird das zu keinem Problem.
Ca. 30 km westlich von Vientiane ist ein großer Park. Der sogenannte Buddha-Park ist voll mit religiösen Statuen aus der buddhistischen und hinduistischen Glaubensrichtung. Manop hat viel zu tun, um uns ahnungslosen Langnasen die einzelnen Statuen zu erklären. Er gibt sich alle Mühe und hinterher sind wir etwas mehr im Buddhismus bewandert.

Am Nachmittag fahren wir entlang des Mekong zurück nach Vientiane. In einem kleinen Gartenlokal am Flussufer genießen wir die schöne Landschaft. Eine frische Brise weht durch das Lokal. Wir beschließen, unser Abendessen heute hier einzunehmen. Danach noch ein Bummel durch Vientiane und hier und da noch einen kühlen Drink schlürfen....

Um 23:00 Uhr ins Bett. Morgen gehen wir auf Tour!

Dritter Tag


Nach einem ausgiebigen Frühstück satteln wir die Bikes.
Zur Verfügung stehen uns allen Honda Enduros mit 250 ccm. Alle Bikes sehen topp gepflegt aus - und das sind sie auch, wie sich auf der Tour herausstellen wird. Nur noch wenige Formalitäten und wir fahren los, um unser Startfoto zu schießen. Nachdem wir die vientianische Prachtstraße mit ihrem Triumphbogen passiert haben, erreichen wir den ganz in Gold gehaltenen Tempel. Schnell sind unsere Bikes vor dem Tempel platziert, die Fotos geschossen und auf und davon Richtung Norden!

Wir verlassen die Stadt auf der berühmt berüchtigten Nationalstraße 13. Die ersten 60 Kilometer sind mehr oder weniger langweilig. Relativ viel Verkehr und unzählige Schulkinder. Vielleicht haben sie ja wegen uns frei bekommen, jedenfalls stehen wohl tausend am Straßenrand. Unser Tempo ist moderat, aber wir kommen gut voran. Nach einiger Zeit beginnt die Straße kurvenreicher und die Landschaft bergiger zu werden. Rechts neben der 13 fließt jetzt der Fluß Nam Lik. Vor uns taucht eine ca. 200 m lange schmale Stahlbrücke auf. Wir fahren direkt auf Laos' erste Mautstelle zu. Hier und jetzt könnte Tollcollect eine Menge lernen. Ein Schlagbaum, ein Mann, der durchblickt, als er sechs Hondas im Tiefflug entdeckt. Zack, den Schlagbaum hoch und wir fahren rumpelnd über die alte Brücke. Oma wartet schon. Genau hinter der Brücke hat sie in einer wackeligen Holzhütte ihren Nudelshop eingerichtet. „Lecker“, sag ich nur. Warum gibt es so etwas daheim nicht? Weiter geht's, und bis zu unserem abendlichen Ziel kommen wir nun in einen regelrechten Kurvenrausch. Die Landschaft wird immer bergiger, der Verkehr ist auf fast Null geschrumpft. Gegen Abend erreichen wir unser Ziel, Vang Vienh. Unsere traumhaft schöne Bungalowanlage liegt am Ufer des Nam Lik. Ein herrlicher Sonnenuntergang, ein kühles Bier und wieder eine sehr schöne gepflegte Unterkunft. Motorradherz, was willst du mehr?

Zu 19:00 Uhr hat Manop das köstliche Abendessen bestellt.
Gegen 23:00 Uhr gehen wir in die Kojen.


Vierter Tag


08:00 Uhr: es ist frisch und etwas kühl. Der Himmel schon wieder fast blau. Über der gegenüberliegenden Bergkette löst sich langsam der Frühnebel auf. Über dem Nam Lik haben die Laoten eine Bambusbrücke gebaut. Sie dient den Einheimischen, um trockenen Fußes den Fluss zu überqueren. Zu unserem Erstaunen sehen wir einige Touristen bis zum Bauchnabel durchs Wasser waten. Wir sind erstaunt. Warum gehen die nicht wie die Laoten über die Brücke? Die Bedienung klärt uns auf. Überqueren der Brücke kostet Geld. Für alle das Gleiche: ein halber Cent. Tollcollect schlägt wieder zu. Die armen Laoten bezahlen, die knauserigen Touris nicht! Kopfschüttelnd beobachten die Einheimischen diese merkwürdige Verhaltensweise der Landesbesucher.

Wir kaufen noch zwei Eisenketten und Schlösser auf dem Markt. Sicher ist sicher, denn das Einzige, was an unseren Bikes nicht funktioniert, sind die Lenkradschlösser. Vorsicht ist doch die Mutter der Porzellankiste!


Fünfter Tag


Gut geschlafen. Nach dem Frühstück fahren wir heute um 08:30 Uhr los. Schon nach einigen Kilometern biegen wir von der 13 auf eine Schotterpiste ab. Waschbrettfahren – es rüttelt und schüttelt unsere Bikes und uns ganz schön durch. Immer wieder überqueren wir schmale einspurige Brücken. Das Tempo liegt bei 60 bis 80 km/h – zeitweise. Jeder zieht eine beachtliche Staubwolke hinter sich her. Wichtig, meinte der Tourleiter, ist jetzt genügend Abstand. Freie Sicht und die Luftfilter nicht verschmutzen sind die Gründe. Die Landschaft ist wieder bergig, laut Karte sind wir ca. 1.500 m hoch. Die Piste ist staubig, mit vielen kleinen Steinen und sehr kurvig. Achtung! Ab und zu kommt uns ein Armeetruck entgegen - natürlich auf der falschen Seite. Nach drei Stunden Fahrt und einigen Fotostopps die erste T-Kreuzung. Nach der Karte müssen wir nach rechts abbiegen. Die Kreuzung befindet sich in einem Dorf. Sicherheitshalber schickt Armin, der Tourleiter, den Guide Manop vor. Frage auf Thai: "Wo geht's nach Pon Sawan"? Ja, und alle haben gesagt: "Links abbiegen". Die Landschaft wird noch wilder, die Berge höher und der Dschungel dichter. Keine der üblichen kleinen Siedlungen mehr am Wegesrand. Nach einer Stunde ein Stopp. Armin ist sich jetzt sicher, das wir falsch sind. Nach kurzer Debatte mit dem Guide stellt sich heraus, dass die Dorfbewohner bei der Frage wo es lang geht, ihn gar nicht verstanden haben. Thai und Laossprache ist so wie Nordseemensch trifft auf Schwarzwälder: nix verstehen, aber immer so tun!
Jetzt macht der Tourleiter ein grimmiges Gesicht. Seine Vermutung hat sich bestätigt. Laut Karte ist dieses Gebiet gesperrt. Keinerlei Durchreise genehmigt. Na toll! Doch das Team bleibt cool. Wir fahren weiter, bis ein größeres Dorf kommt. An einer Brücke im Dorf halten wir an. Man hört laute Musik und Gejohle. Aus einer Hütte stolpert ein betrunkener Soldat. Bald darauf kommen noch einige gedopte Kollegen. Jeder trägt wichtig eine Kalaschnikow und die Luft ist explosiv. Explosiv, von den intensiven Schnapsfahnen, die jeder vor sich herträgt. Ha! Und jetzt haben sie unseren Thai Manop entdeckt. Schnell haben sie herausgefunden, dass er kein Laote ist. Thailand und Laos hatten bis vor einigen Jahren hier und da noch so ihre Problemchen gehabt. Ferner sind die Thais Kommunisten-Hasser, und betrunkene Laossoldaten wollen nun mal ihre Machtposition ausnützen. Manop muss seinen Pass zücken. Er wird noch etwas verhört und man macht sich – soweit es im Rausch möglich ist – so seine amtlichen Notizen: "Feindliche Thaispione fahren jetzt rote Hondas".

Nun, wir machen uns einfach startklar und machen deutlich, dass die Vorstellung nun dem Ende zugeht. Manop, sichtlich eingeschüchtert, beeilt sich, sein Bike zu starten und ab geht’s durch die Mitte bzw. über die Dorfbrücke. Weit kommen wir nicht. Nach einer halben Stunde "Off Road Tollcollect made in Laos“: hinter einer Rechtskurve ein Schlagbaum. Bis der Wachsoldat erwacht, sind schon vier Bikes durchgefahren. Die letzten Zwei werden durch den Schlagbaum gestoppt. Plötzlich tauchen überall kleine grünbekleidete und bewaffnete Männchen auf. Hammer und Sichel auf rotem Untergrund weht über der Baracke. Ungläubig werden wir gemustert. Gott sei Dank sind die Jungs nüchtern. Es stellt sich bald heraus, dass hier noch nie eine Langnase gesichtet wurde. Da Amerikaner durch frühere Schandtaten in diesem Gebiet (darauf komme ich später noch zurück) wie im Irak nicht gerade fähnchenschwingend empfangen werden, erklären wir schnell, dass wir aus Germany kommen. Bis auf Einen, der ist nämlich „Spion aus Thailand“. Wird aber hier nicht so beachtet. Die kleinen grünen Vietcongs, wie Werner sie nennt, bleiben unerbittlich. Keine Weiterfahrt. Der Kommandant trifft ein. No entry. Auch nachdem wir ihm erklärt haben, dass wir kaum noch Benzin haben: No entry. Angeblich ist die Strecke bald unpassierbar. Am nächsten Tag erfahren wir aber die wohl wahrscheinlich nicht ungefährliche Lösung: Zum Einen gibt es in diesem Gebiet wieder Gefechte zwischen Regierungstruppen und aufständischen Hmongsoldaten, zum Anderen ist das Gebiet vom Entlaubungsgift "Agent Orange", welches die USA während des Vietnamkrieges auch hier versprühte, immer noch verseucht.

Nun, es bleibt uns nichts anderes übrig, als umzukehren. Als wir das Dorf der betrunkenen Soldaten passieren, ist es dort ruhig geworden. Wahrscheinlich liegen jetzt alle voll breit unterm Tisch.

Nach ca. 40 km eine Minisiedlung. Wir ergattern die ersten acht Liter Benzin für sechs Bikes, und weiter geht’s. Nach weiteren 20 km noch mal 5 Liter, aber es klappt!
Als die Sonne schon sehr tief steht, kommen wir wieder an unsere Schicksalskreuzung. Hier tanken wir die Bikes auf, reinigen mit Hilfe eines Lkw-Kompressors die Luftfilter und fahren unsere Pumpelstaubpiste zurück, woher wir am Morgen kamen. Dass wir die letzten zwei Stunden Off Road im Dunkeln fahren, ist auch wieder eine Bereicherung in unserem Bikerleben.

Gegen 20:00 Uhr erreichen wir unser schönes Guesthouse vom Vortag. Obwohl wir dreckig sind und außer Staubgrau keine Farbe mehr auf Helm, Kleidung und Stiefeln zu sehen ist, werden wir wieder freundlich empfangen. Ein tolles schmackhaftes Abendmenü und ein kühles Blondes ( eine nette Blonde wäre auch nicht schlecht gewesen) lassen die Strapazen des Nachmittags schnell vergessen. Manop ist der erste, der im Bett liegt. Wir schlafen gegen Mitternacht ein.


Sechster Tag


Der Reiseleiter hat Geburtstag. Die Hotelleitung hat es von Manop erfahren. Zum Frühstück bekommt er einen großen Strauß Blumen und eine Fünf-Liter-Flasche chinesischen Schampus. Leider kann er beides nicht mitnehmen. Die Blumen bekommt eine ältere Touristin, die sich fürchterlich freut. Den Schampus lässt er einlagern. Man kommt ja wieder mal vorbei.

Vom Inhaber der Anlage gibt es noch einige wertvolle Tipps für unsere weitere Reise. Von seiner Frau erfahren wir, dass sie schon so ihre Probleme mit einigen Touristen hatte. Sie nimmt keine Chinesen und keine Israelis mehr auf. Die Chinesen vergraulen die anderen Gäste, da sie immer laut grunzend unter die Tische spucken. Andere Länder, andere Sitten. Die jugendlichen Israelis wohnen gern lange in den Hotels, haben ein riesiges Anspruchsdenken, sind laut und unhöflich zu den Mitarbeitern. Dummerweise ziehen sie nachts um drei Uhr aus und vergessen das Bezahlen. (Eine Unart, die ich schon aus Thailand von ihnen kenne). Gut, wir haben bezahlt und außer dem Starten unserer Bikes, hat man von uns nicht viel gehört.

Die Tour führt wieder auf der 13 nach Norden. Schon nach kurzer Zeit beginnen die Kurven. Nach ca. zwei Stunden beginnt ein Passanstieg. „Gigantische Landschaft“, kann ich nur sagen. Kurve an Kurve, kaum Verkehr, wir swingen den Berg hinauf. Kurz vor Mittag mal wieder eine T-Kreuzung. Wir biegen nun auf die Nationalstraße 7 ab. Von der 13 auf die 7, vielleicht bringt das ja Glück. Das Ziel unseres heutigen Tages ist Pon Sawan oder auch "die Ebene der Tonkrüge". Auf den nächsten 200 km wähnen wir uns auf einer Rennstrecke. Top Asphalt, Kurven in allen erdenklichen Radien! Wenn wir Dörfer passieren, überall jubelnde winkende Menschen. Sieben bunte Hondas mit sechs Langnasen und einer Plattnase sind hier noch nie vorbeigekommen. (Ich überfahre unabsichtlich ein weißes Huhn. Heute abend gibt es Chicken in Knoblauch). Hinterher wird uns klar, dass wir nicht einmal zehn Fahrzeugen begegnet sind. Fahrt mal im Sommer über einen Alpenpass: Prost Mahlzeit! Wir tanken heute rechtzeitig und haben den absoluten Fahrspaß. Ungefähr 70 km vor dem Ziel fehlt unser "Thaispion". Nachdem wir eine Zeit gewartet haben, drehen wir um, um ihn zu suchen. Keine 20 km weiter sehen wir ihn am Straßenrand in einer Menschenmenge stehen. Er hat den einzigen Nagel auf der ganzen Piste mit seinem Hinterrad getroffen. Der Reifen ist bereits geflickt und er baut schon wieder das Hinterrad ein. Die Achse klemmt ein wenig. Ein Hammer muss her. Haben wir nicht, dafür kommt sofort ein Laote mit einer 40 mm Granathülse. Chaos in Laos? Ihwo! Die Dinger liegen hier seit dem Vietnamkrieg überall herum. Schnell ist das Bike wieder flott und es geht weiter.

Die Landschaft ist jetzt hügelig, bis zu 300 – 500 m hoch. Alles wirkt steppenartig, kaum Bäume, kaum Sträucher, alles in grau-braun. Hier spielte sich während des Vietnamkrieges - von der Welt kaum beachtet - eine der größten Tragödien dieser Zeit ab. Von 1969 – 1974 bombardierten die Amerikaner 24 Stunden täglich dieses Gebiet von der Größe Schleswig-Holsteins. Teilweise wurden pro Tag 900 Einsätze geflogen. Man warf mehr Bomben hier ab, als im gesamten Zweiten Weltkrieg weltweit abgeworfen wurden. Pro Einwohner des Landes eine Tonne Sprengstoff!!!
Das Kuriose: man hatte Laos nie den Krieg erklärt. Der Grund: durch dieses Gebiet verlief der legendäre Versorgungsweg der Vietcong, der "Hoh Chi Min Pfad". Genützt hat es gar nichts, die USA haben den Krieg trotzdem verloren. Immer wieder halten wir an und sind fassungs- und sprachlos gegenüber dieser sinnlosen Zerstörung. Es waren ja „nicht nur“ Bomben, sondern massiver Napalm und Agent Orange Entlaubungsgift im Einsatz. Bei den Friedensverträgen, die 1975 in Paris unterschrieben wurden, verpflichteten sich die USA 8 Milliarden $ Schadenersatz an die Republik Laos zu zahlen. Bis heute ist kein einziger Cent angekommen. That´s USA.

Nach der Fahrt durch die Steppe erreichen wir am Nachmittag Pon Sawan. Zeit für eine leckere Nudelsuppe. Armin geht derweil auf Hotelsuche und wird fündig. Ein totaler Stromausfall gegen 19:00 Uhr sorgt für etwas Unruhe unter den Hotelgästen. Bald flackern überall im Hause kleine Kerzen und der Strom ist gegen 20:00 Uhr auch wieder da.



Siebter Tag


Kalt ist es geworden. Nebel liegt morgens über der Stadt. Wir sind schon gegen 07:00 Uhr auf den Beinen. Im angrenzenden Lokal dampft schon der Kaffee auf dem Tisch. Frische Baguettes sind im Anmarsch, und draußen ziehen eine Reihe orange gekleideter Mönche durch die Straßen, um ihr morgendliches Almosen von den Einwohnern zu empfangen. Gegen 08:30 Uhr fahren wir los. Es geht raus aus Pon Sawan zu den legendären Steinkrügen, die der Gegend ihren Namen gaben. Es gibt drei Felder mit Krügen. Wir besichtigen Feld eins mit 296 teilweise bis zu fünf Tonnen schweren Steinkrügen. Sie sind 2.500 Jahre alt. Bis heute ist ihr Geheimnis nicht gelüftet, warum und von wem wurden sie hier errichtet? Theorien gibt es einige, jedoch fehlen immer noch die Beweise. Auch hier eine Mondlandschaft, tiefe Bombentrichter. Viele Krüge sind beschädigt oder zerstört. Ein Riesenkrug ist ca. 50 Meter weitergeschleudert worden. Es gibt auf Feld eins einen Berg mit einer Höhle. Hierhin flüchteten oft die Frauen, Kinder und alte Leute, um Schutz vor den Bomben zu finden. 1971 kam es dann zu einer Tragödie: Ein amerikanischer Tiefflieger griff die Höhle an und feuerte eine Rakete in sie hinein. Auf einen Schlag kamen über 400 Menschen um. Bedrückt stehen wir für eine Weile in dieser Höhle, und mancher von uns malt sich in Gedanken wohl aus, welches Grauen sich hier abgespielt haben muss. Ich frage mich nur, wie der Pilot dieses Flugzeuges mit dieser Schuld leben kann.

Unser Rundgang dauert ca. eine Stunde, und nachdem die obligatorischen Bilder gemacht worden sind, starten wir wieder unsere Bikes. Bis Vietnam noch 130 km. Der Tourleiter hat als Pfand seinen Reisepass in Vientiane hinterlassen. Eine Garantie, damit wir auch wieder zurückkommen. In drei Tagen geht auch unser Flug nach Nordthailand. Teil zwei der Reise ist noch einmal 1.000 km Off Road in den Bergen des Goldenen Dreiecks.

Vor uns liegt wieder die laotische "Rennstrecke" bzw. Traumpassfahrt. Von unserem freundlichen Hotelbesitzer haben wir einen Tipp bekommen: auf dem Rückweg in den Bergen soll eine Höhle sein, „die müsst ihr noch unbedingt besuchen“. Wir finden sie ca. 60 Kilometer weiter.

Zweimal gefragt und unser Manop fährt voraus. Ein kleiner Eintrittsbetrag wird fällig und schon stolpern die Jungs eine Natursteintreppe hoch. Der Pfad führt steil bergauf. Nach einiger Zeit endet der Weg in einer Höhle. Einfach nur eine Höhle. Sie sieht unbedeutend aus und wir verstehen den Sinn nicht. Martin entdeckt sie zuerst: Tausende kleine Fläschchen und Ampullen. Manche sogar noch ungeöffnet. Zuerst stehen wir noch ratlos herum. „Drogenlabor“, meint Stefan. Klarer Fall, und hier die Löffel, Bestecke für Heroinabhängige. Was geht denn hier ab? Ratlos gehen wir die Steintreppen zurück. Von oben sieht man auch hier jetzt die vielen Bombenkrater. Immer noch Abwurfgebiet der USA-Bomber, obwohl schon fast 200 km von der vietnamesischen Grenze entfernt.

Wir sind noch nicht lange unterwegs als wir Manop mit einem hageren Laoten auf einer Steintreppe stehen sehen. Klar, wir waren mal wieder zu schnell gewesen und hatten den richtigen Höhleneingang übersehen. Zusammen steigen wir noch einige Meter hoch und sehen den richtigen Höhleneingang. Eine Treppe führt jetzt nach unten zu einem breiten Eisengittertor. Geführt von dem Laoten treten wir ein. Im Dämmerlicht sehen wir eine ca. 10 Meter hohe Buddha Figur. Der laotische Guide beginnt zu erzählen. Er rattert los wie ein Maschinengewehr. Er redet und redet und jeder versteht natürlich kein Wort. Selbst unser Thai scheint etwas ratlos. Der Tourleiter ergreift in Initiative. Laote spricht jetzt langsamer und Thaimann erklärt in Englisch was hier so Sache ist. Jetzt erfahren wir das die Buddhastatue über 1100 Jahre alt ist. Das kurioseste ist, dass sie aus Kuhdung gemischt mit Gesteinspulver geschaffen wurde. Sie ist das Heiligtum dieser Gegend. In Gedanken bin ich immer noch in unserer Heroinhöhle. Nach einiger Zeit muss der Laoguide auch einmal Luft holen. Der Moment wird von mir jetzt schamlos ausgenutzt. Ich lasse meine Frage über unsere Drogenhöhle übersetzen. Was ist in dieser Höhle geschehen ? Laomann macht große Augen und er rattert schon wieder drauflos. Slowly slowly und er beruhigt sich. Jetzt erfahren wir die Wahrheit über diese wirklich besondere Höhle.
Während des Vietnam Krieges diente diese Höhle den Vietcong und ihren Verbündeten den kommunistischen Phratet Lao als Krankenhaus. Hier wurden die Verwundeten Kämpfer gepflegt und wieder aufgepäppelt. Die leeren Fläschchen und Spritzen aus Höhle Nummer 1 ist nichts weiter gewesen als Medizin und Morphium importiert aus China . Er führt uns noch weiter in den Berg. Wir gehen noch 150 Meter tiefer. Hier gab es OP Räume, Krankenzimmer usw. Noch heute kann man den notdürftigen OP Tisch sehen, die Russ geschwärzten Wände durch die Stromaggregate erzählen ihre eigene Geschichte. Unser Lao Mann verbrachte als Helfer selbst einige Jahre hier unter dem Berg. Er erzählt, welches Leiden hier über die arme Bevölkerung kam, die noch nicht einmal einen Grund für die US Bombardements kannten. Es ist schon beindruckend wie leidensfähig manche Menschen sein können. Alles in allem, war dieser Besuch der Höhle äußerst interessant. Manop hat dem Laomann von meinem Geburstag erzählt. Vielleicht hätte er das besser nicht machen sollen. Laomann hat auch Geburtstag und wir sind auch noch gleichaltrig. Jetzt geht’s los. Er betet und betet und betet für mich. Fest hält er dabei meine Hände umfasst. Ich spüre welcher ernst für ihn in der Sache liegt. Sicher werde ich nun in Zukunft gegen alles Böse und Unheil auf dieser Welt geschützt sein. Die Zeremonie dauert fast 30 Minuten. Irgendwie spüre ich so eine Helligkeit um meinen Kopf. Heiligenschein????? Zum Schluß zaubert er ein rot goldenes Bändchen aus seinem Gewand. Betend legt er es um mein rechtes Handgelenk und verknotet es. Heute, am 2 Juni 2004 habe ich es immer noch um. Es soll Glück bringen, ist etwas dünner geworden und wir irgendwann abfallen.
Gegen Mittag machen wir uns wieder auf unsere Serpentinenpiste. Nach 2 Stunden eine Rast an der einzigen Kreuzung des Tages. Eine Nudelsuppe und eine kalte Cola und danach brummen wir wieder Richtung Vientiane.
Wir befinden uns auf der berüchtigten Nationalstrasse 13. Im Gebiet der Provinz Kasi sollte man besser nicht übernachten. Jeder Einheimische rät davon ab. Hier gibt es in den Bergen noch viele böse Buben und mit denen haben wir ja nichts am „ Helm“.
Die Sonne steht schon sehr tief als wir wieder in Vang Vhien eintreffen. Unser, uns schon bekanntes schönes Hotel hat noch Zimmer für uns frei. Nachdem wir uns fit gemacht haben wieder ein grandioses Abendessen. Danach fahre ich noch mal in den Ort. Im einzigen Internetcafe dieser Provinz ( 2 PC´s) versuche ich Verbindung mit der Heimat aufzunehmen. Nu gut, ich beschließe den Versuch bei meiner nächsten Laosreise noch einmal zu unter nehmen.
Achter Tag
Gentleman „start your engine“ lautet die Parole. Die letzten 200 Kilometer warten auf uns. Ohne besondere Vorkommnisse erreichen wir am frühen Nachmittag Vientiane. Noch einmal fahren wir an das Ufer des großen Mekong Flusses. Essen ein paar Kleinigkeiten und begeben uns dann in unser Hotel.
Am Abend lade ich alle meine Mitreisende in einem netten Lokal zum Geburtstagessen ein. Es wird etwas später.
Neunter Tag
Gegen 9.oo Uhr gibt es ein hervorragendes Frühstück. Danach bringen wir unsere Bikes in die Garage. Um 13.15 Uhr hebt unsere Maschine Richtung Chiang Mai in Nordthailand ab. Dort soll unser zweiter Teil der Reise weiter gehen. Doch davon mehr in einem anderen Bericht.

Mehr Infos unter www.motorrad-abenteuer-reisen.de/neu
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Autor: Armin Giesielski
erstellt: 02.06.2004
gelesen: 2838 mal
Stichworte: Zentral- Laos, Motorrad
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