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Phnom Penh im Februar 2004

Killing Fields der blanke Horror

Killing Fields

Pünktlich um 9.oo früh treffen wir uns vor meinem Hotel. Maret ist wie immer gut drauf und wir jukeln nun mit seiner kleinen betagten Honda los. Ziel ist Choueng Ek bekannt, auch unter „Killing Fields“. Der Verkehr in Phnom Penh ist haarsträubend. Jeder fährt so wie er will, kann, möchte oder auch nicht möchte. Ich sitze hinten auf der Honda und habe einen hervorragenden Chaos - Überblick. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich meine Knie einzog aber irgendwie passte Buddha auf, und wir näherten uns dem Stadtrand. Die Gegend wird zusehends noch ärmlicher als in der City. Nach einiger Zeit endet die löchrige Asphaltstrasse in einem Feldweg. Ab und zu ein paar erbärmlich arme Hütten, das ist alles am Wegesrand. Eine Zeitlang fahren wir hinter einem alten Bus her. Wir werden gehörig eingestaubt und in einer haarsträubenden Kamikazeaktion lassen wir den Bus hinter uns. Nach ca. 10 Kilometern kommen wir in Choueng Ek an. Wieder werden Dollars fällig und ich kann das Gelände betreten. Inmitten einer kargen Landschaft steht ein ca. 50 Meter hoher Turm. Doch dazu später. Hier auf diesem Feld töteten die Schergen Pol Pots, die „ roten Khmer,“ zwischen 1975 und 1979 fast 18000 Landsleute auf bestialische Weise. Fotos und Bilder zeigen Szenen, die man sich nicht mal in einem Alptraum vorstellen kann Ich wandere gedankenverloren durch diese Horrorlandschaft. Mir fällt der in den 80ern gedrehte Film Killing Fields wieder ein. Aber hier, dieses ist kein Film, das ist Realität. Immer wieder entdecke ich noch am Boden Knochensplitter der Getöteten. Nach einiger Zeit betrete ich den Turm. Vom Boden bis hoch in die oberen Etagen sind 18 000 Totenschädel gestapelt. Fast alle weisen Löcher und Brüche auf. Einwirkung der brutalen Tötungsmethoden. Mir fällt auf, dass die Schädel sogar nach Alter und Geschlecht sortiert wurden. Auch einige Ausländer wurden hier auf diesem Feld getötet. Ich will zurück in die Stadt.

Zahnarztbesuch

Wieder auf dem Feldweg, eingehüllt in einer schönen braunen Staubwolke, passieren wir eine Hütte am Wegesrand. Schon auf der Hinfahrt hatte sie kurz mein Interesse geweckt. Eine selbstgemalte Werbetafel, die, glaub ich, in jeder Großstadt dieser Welt mit Sicherheit mehr Aufmerksamkeit erweckt hätte als die größte grelle „Sonstwasreklame“. Hier werkelt ein Zahnarzt und ich möchte ihn kennen lernen. Anklopfen erübrigt, sich die Praxis hat keine Tür. Doktore sitzt gerade an einem kleinen Holztisch und schleift an einem Gebiss. Die Schleifmaschine wird von einer alten Autobatterie angetrieben und funktioniert. 2 Enten verlassen fluchtartig die Praxis, gefolgt von einem staubigen braunen Dog. Hier ist das Leben bzw. hier wird improvisiert. Maret wird zum Dolmetscher und in kurzer Zeit haben der alte Doktore und ich ein sehr vertrautes Verhältnis. Das reicht soweit, dass ich dann noch auf seinem Folterstuhl Platz nehme, er mit einer Spritze droht, aber dann nur zum Spass den Bohrer routieren lässt. Hier möchte ich nieee Zahnschmerzen bekommen.

Tuol Sleng

Nach knapp 30 Minuten sind wir wieder in Phnom Penh. Auf Marets Programm steht jetzt das Museumsgefängnis Tuol Sleng oder S 21. Es werden 5 Dollar fällig und ich betrete die ehemalige Schule bzw. das Foltergefängnis des Pol Pot Regimes. Ich empfinde den Aufenthalt an diesem Platz noch bedrückender als draußen auf den Killing Fields. 18 000 Gefangene waren an diesem Ort. Ganze 7 Kambodschaner haben den Aufenthalt überlebt. Einer von ihnen, ein Maler, schrieb später ein Buch. Ich las es auf der Rückreise. Noch Tage später hatte ich mit den hier gesehenen Verbrechen meine Probleme. Immer wieder musste ich an diese Verbrechen die hier stattfanden denken. Ich möchte auch nicht näher auf das Gesehene eingehen (mehr über S 21 in fast jeder Suchmaschine).

Schiffsreise

Maret bringt mich in ein einfaches abgelegenes Restaurant. Die Fahrt ist wieder etwas für Stuntleute, aber nett war es trotzdem. Am Abend lade ich ihn noch zu einem Essen ein und am nächsten Morgen pünktlich um 6.30 steht Maret mit seiner roten Honda vor dem Golden Gate Hotel. Um 7.30 soll meine Fähre nach Siem Reap (Angkor Wat) starten. Das Chann Na Express Boat kostete 25 $ . Achtung, wer vor hat, einmal mit so einem Boot diese Strecke von knapp 300 Kilometern zu fahren, sollte sich möglichst schon am Abend vorher mit Verpflegung eindecken. Auf dem Schiff, es fährt ca. 6 Stunden, gibt es nichts zu essen und zu trinken. Platz findet man entweder unten im klimatisierten Teil des Bootes oder oben auf dem Dach. Ich ziehe die Freilichtbühne vor. Gute Sicht, Fahrtwind und mächtig braungebrannt bin ich am Nachmittag im Zielhafen. Maret wirkt beim Abschied etwas traurig. Als er den Dollarlohn plus Tip für seine Taxidienste bekommt, strahlt er jedoch wieder wie ein Honigkuchenpferd ( Maret hat ein Handy. Wer ihn mal kennen lernen will, hier die Nummer in Phnom Penh 012 45 41 37)
Pünktlich legt das Boot ab. Die beiden Maschinen grummeln vor sich hin. Das Boot fährt langsam zur Flussmitte. Dann das Inferno. Die Motoren brüllen los, das Boot nimmt Fahrt auf. Mensch, das Ding geht richtig ab! Die Haare flattern im Wind und die Reise nach Siam Reap beginnt. Wir passieren etliche Ortschaften. Manchmal dringt etwas strenger Geruch zu uns rüber. Kein Wunder, hier wird alles im Fluß entsorgt. Fließt ja weg oder so !!!??? Gegen Mittag erreichen wir den Ton Lae Sap See. Er ist der größte Binnensee der Welt. Fast 300 Kilometer lang und 60 Kilometer breit. Sieht aus, als fahren wir bei Husum übers Wattenmeer. Nach 6 Stunden Sonne Wind und Motorengebrüll nähern wir uns unserem Ziel. Ein Fischerdorf am Ufer des Ton Le Sap. In ca. 30 Minuten werde ich REOUN kennen lernen. Wer Reoun ist, na, der beste Tourguide von Angkor Wat. Zumindest wird er mir das noch mindestens 10 mal an diesem Tag sagen. Doch davon mehr in meinem nächsten Bericht:
„ Angkor, die vergessene Stadt“.
Ankunft in Phnom Penh
Nachtgang
Beim Zahnarzt
Tuol Slong
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Autor: Armin Giesielski
erstellt: 21.05.2004
gelesen: 6280 mal
Stichworte: Phnom Penh
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