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Alabasterkarawane

Bar bela mar: Meer ohne Wasser

- so nennen die Araber die Wüste. Endlos, bis zum Horizont, nur Steine: Wüste ist vor allem Fels. Vor Äonen war die Sahara ein wirkliches Meer. Im algerischen Hoggar kletterte ich. Auch hier reiten wir über harten Fels, der von Ammoniten übersät ist, versteinerte prähistorische Lebewesen: Muscheln, Fische, Pflanzen. Wieder sind wir fünf Stunden auf unseren Tieren geschaukelt. Das Hinterteil fühlt sich wie rohes Fleisch an, die Beine sind lahm, und der Durst wird unerträglich. Dann, endlich! Die Tiere verharren vor einem Abbruch, der Rand des Limestone-Plateaus ist erreicht. Das Gebirge verebbt wellenförmig in der Kieswüste des Reg und den Sanddünen des Erg. Hundert Kilometer liegen hinter uns - aber auch wieder vor uns. An der Kante des Gebirges beginnt die eigentliche Arbeit für die "Männer der Berge". "Djebel" heißt arabisch "Berg". Hier ist die traditionelle Fundstelle des Alabasters.


Die "Djeballahs" satteln ihre Esel ab, schwielige Hände packen primitive Werkzeuge: Brechstangen, handgeschmiedete Hämmer und Spitzhacken.

Leichtfüßig klettern die hageren Gestalten die steile Flanke des Berges hinab. Stundenlang dröhnt es, poltern Steine, hört man das Ächzen und Stöhnen der schwerarbeitenden Männer. Fünf Stunden lang brechen sie in der Hitze des Tages bis zu 50 Kilogramm schwere Alabasterblöcke aus den Kalkschichten. Barfuss klettern sie über raues Geröll, treiben Brechstangen in den Fels und lösen aus dem Trägermaterial die unscheinbaren wertvollen Gesteinsbrocken: Alabaster, das "weiße Gold der Pharaonen". Mohammed, der 60-jährige spindeldürre Treiber, klopft die rauen Blöcke in handliche Stücke, entfernt rundum mürbes Gestein, bis ein heller, milchig-weißer Block geformt ist. Die fußballgroßen Steine werden auf die dürren Schultern gewuchtet und zu den Eseln geschleppt, die in der Sonne lethargisch dösen. In grobmaschigen, selbstgeknüpften Netzen laden wir die Alabasterrohlinge auf die Leiber der schnaubenden Tiere. Eine Last von 120 Kilogramm ist für einen Esel normal.

Wir arbeiten mit den Djeballahs - das war unsere Idee. Als ich beladen mit einem 20 Kilogramm schweren Stein den Plateau-Rand erreiche, bin ich schweißgebadet. Abdullah steigt mit der gleichen Last hinter mir auf und lächelt mich mit blitzenden Zähnen an. Wieselflink und konditionsstark klettert er mehrmals die steile Felswand hinauf. Für ihn, der die Mühsal im Gebirge gewohnt ist, ist es unverständlich, dass ein Fremder, ein Giaur, diese Strapazen freiwillig auf sich nimmt.


Djeballah: Die Männer der Berge

"Warum?" scheint sein Blick zu fragen. Ich betrachte seine dünnen, aber sehnigen Arme. Der schwarze Schnurrbart verleiht dem kühnen Gesicht unter dem grauen Turban etwas Martialisches. Nach europäischem Geschmack sind seine klaren Züge männlich schön. Als er beobachtet, dass auch der himalayaerprobte Serge seine Last nach oben trägt, sehe ich Respekt in seinen dunklen Augen. Mohamed, der junge Chef, zieht sein weites Gewand zurecht und bindet den Schech neu. Seine Hände sind aufgerissen, die Fingernägel kurz, stumpf und gebrochen. Breite Füße ragen unter dem Kaftan hervor, der gar nichts Lächerliches - oder Weibisches - an sich hat. Es sind stolze Gestalten, die "Männer der Berge". Wie lange wird es dieses Gebirgsvolk noch geben?


Esel: Hochleistungssportler durch Ansporn

Kaum sind die Esel beladen, schwingen die Djeballahs ihre Peitschen und treiben sie zur letzten Hochleistung an: Nur heimwärts, zurück zu den Frauen und den Kindern, zum Wasser.


Das beeindruckende Panorama der Sandwüste versinkt am Horizont. Wieder sind es hundert Kilometer durchs Gebirge - mit nun voller Last. Der lange Treck durch grobes Geröll beginnt. Mensch und Tier werden an die Grenze der Belastbarkeit kommen. "Hamdy! Abdullah!" Mohamed brüllt zu den beiden hinüber und flitzt wie eine Bergziege über das raue Geröll. Ein Esel ist gestürzt, liegt bewegungslos unter seiner Steinlast und kann sich nicht erheben. Mit dieser Last ist es unmöglich, ohne Hilfe wieder auf die Hufe zu kommen. Zu viert heben wir das Netz mit den Steinen an und helfen dem Langohr.

Die Tiere sind Hochleistungssportler. Sie, die in Relation zum Körpergewicht, enorme Lasten tragen, sind die wahren Helden dieser Karawane.


Biwak: Unter dem Vollmond

Es dämmert, als unser Treck eine kleine, vom Wind geformte Felshöhle erreicht. Bald prasselt ein Feuer aus dürrem Dornengestrüpp und erwärmt die eiskalte Nachtluft. Wir sind kaum tausend Meter hoch, aber hier im Gebirge wird es im Februar nachts eiskalt. Die Treiber hüllen sich in ihre weiten Gewänder, wir schlüpfen in dicke Pullover. Beim flackernden Flammenschein kommen sich zwei Kulturkreise näher und versichern sich gegenseitig ihre Hochachtung. Während wir diese harten Männer bewundern, die in einer feindlichen Umwelt und mit Mühsal ihren Lebensunterhalt verdienen, haben wir ihre Achtung errungen. "Ihr seid nicht so wie die Touristen, denen wir in Luxor tagtäglich begegnen", behaupten sie. "Wir sind Bergsteiger", versuchen wir erfolglos zu erklären. Für die Djeballahs ist die Bergwüste ein Arbeitsplatz. Ihre Schönheit bleibt ihnen verschlossen. Freiwillig würden sie nie die Felsen und Hochebenen aufsuchen. Wofür?


Wir teilen ein einfaches Abendessen aus Fladenbrot und Früchten, lassen die Wasserflasche kreisen, blicken in das Spiel der Flammen, das sich in den hellen Kalktafeln widerspiegelt und genießen den Duft der Wasserpfeife. Mohamed erzählt lebhaft von der Kobra, die er an diesem Biwakplatz beim letzten Ritt erschlagen hat. Der arabische "Halbmond", heute wie gestern ein Vollmond, beleuchtet eine Stimmung "... Lawrence von Arabien", mit dem Unterschied: Dies ist kein Film, es ist Wirklichkeit. Während ich fröstelnd den Schlafsack enger ziehe, erinnere ich mich an die Worte von St. Exupéry: "Die Wüste ist ein kaltes Land, in dem es auch heiß werden kann." Trotz der Müdigkeit blicke ich fasziniert zum Sternenhimmel, der wie ein weißes Vlies das Firmament bedeckt. Dann schlafe ich auf dem harten Geröll erschöpft ein.

Daheim: El-Korna

Beim ersten Licht des Tages beladen wir im Schatten eines Felsturmes die Esel. Dann reiten wir direkt in die aufsteigende Sonne, die den Himmel glutrot färbt. Die Hitze steht. Staub verkrustet Mund und Rachen, der Durst wird unerträglich, unsere Muskeln gehorchen nur noch schwer.

Plötzlich schreit Serge: "Luxor!" Er hat das grüne Band der Oasen und die bleichen Flecken der Häuser im Dunst entdeckt. Die berühmten Tempel sind nur zu ahnen. An der Abbruchkante des Hochplateaus öffnet sich der Blick auf das schmale, grüne Band des Niltals inmitten der Wüste. Dort gibt es Wasser! El-Korna, das Dorf, am Rande eines glühenden Gebirges, scheint zum Greifen nahe. Die weißen Schmetterlingssegel der Feluken leuchten auf dem Fluss. Woher nehmen die zierlichen Tiere die Kraft zum steilen Abstieg, nach einem mörderischen Ritt über 200 Kilometer?


Das Fest: Trommeln, Hammel und Cous-Cous

Steil geht es hinab. Immer wieder helfen wir den überladenen Eseln über glatte Felsplatten und zerrissene Erosionsfurchen. Am späten Nachmittag schlendern wir in das kleine Dorf. Der Muezzin ruft vom brüchigen Minarett sein "Allah akbar!", Gott ist groß. Die Felswände echoen den Singsang. Müde wanken die Tiere durch die staubigen Gassen mit den einfachen Lehmhütten. Meine Kehle ist trocken, ich spüre die Erschöpfung. Serges Gesicht ist eingefallen, Martin hängt auf seinem Tragtier. Obwohl wir nicht gerade auf der "alpinen Brennsuppe" daher geschwommen sind, was heißt, dass wir uns in den Bergen der Welt herumgetrieben haben, sind wir geschafft und entwickeln fast eine Art Ehrfurcht vor diesem Bergvolk. "Salam!" Die Djeballahs scheinen nicht müde zu sein. Sie scherzen lebhaft mit den kichernden Frauen und begrüßen ihre fröhlich lärmenden Kinder. Wenig später sitzen wir in Hamdys Haus, trinken Tee, trinken, trinken...

Samtschwarz und mild steigt die Nacht auf. Tam-tams dröhnen. Geigenklänge, für europäische Ohren unmelodisch, gellen durchs Dorf. Die Flammen des Feuers werden von den Kalkwänden reflektiert. Eine Kapelle spielt auf. Hammelfett tropft und Kinder tanzen um uns "Giaurs". Wir lehnen uns auf den einfachen Holzbänken zurück, lachen in die frischgewaschenen braunen Gesichter unserer Freunde und wissen, dass wir eines der letzten, ursprünglichen Bergvölker erlebt haben, etwas, was vor uns noch kein Europäer, kein Bergsteiger, mitgemacht hat: die Alabaster-Karawane durch die Gebirge der Libyschen Wüste. Das macht uns glücklich, aber auch nachdenklich: Wie lange wird dieses Bergvolk noch existieren?
Männer der Berge
Out of Luxor
Karawanen: Morgen gibt es sie nicht mehr!
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Autor: Michael Vogeley
erstellt: 10.04.2004
gelesen: 9799 mal
Stichworte: Abenteuer, Wüste, Libyen, Alabaster
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