Marokko - Auf wilden Wassern in die SaharaKanutage durch 1001 Nacht Wüste.
Ein Zauber- und ein Fabelwort. Kies und Fels, Klippen und Türme, Berge und Schluchten, Dünen und Staub haben ozeanische Dimensionen, in denen alle Stufen der Verwitterung erhalten sind.
Aber es gibt tatsächlich auch Wasser! Auch Sand, dessen Rippen kreuz und quer verlaufen. Brechende hohe Wogen auf Kämmen, deren runde, harmonische Formen ein ästhetischer Genuß sind. Die Wüste wächst jedes Jahr um einige Kilometer. Unter ihrer verbrannten Haut liegt ein verschollenes Meer. Zwischen kilometerdickem Gestein wurde im Laufe der Erdgeschichte Wasser gespeichert.
Ein Reservoir für Jahrhunderte, zum Anzapfen bereit. Ein zukünftiger Garten Eden?
Jeder der Tage auf dem Fluß ist durch Kontraste geprägt. Wir erleben staunend Sonnenuntergänge wie auf einer Kitschpostkarte, dann wieder Sternenhimmel wie mit funkelnden Diamanten übersät. Gluthitze, natürlich. Aber noch mehr feuchte Kälte in der Nacht. "Die Wüste ist ein kaltes Land, in dem es auch heiß werden kann."
Der Schnee des Viertausender M'Goun versinkt im Dunst
Vergebens halten wir Ausschau nach Nordafrikas höchstem Berg, der Djebel Toubkal versteckt sich hinter anderen Bergen. Unsere Paddelschläge ziehen im rauschenden Wasser trichterförmige Strudel. Das wüstenhafte Hochtal paßt so gar nicht zum munteren Fluß. Wir treiben in die kargen Berge des erdfaltigen Djebel Saghro. Grandiose Gipfel stehen in einer wilden Gegend, die St.Exupery einmal die "schönste und traurigste Landschaft der Erde" nannte.
Der Fluß ist durch starke Regenfälle im Hochgebirge zu einem braunen Wüstling angeschwollen, der uns mit Rasanz hinein in die Wüste trägt. Regen fällt selten, dann aber maßlos. Die Dorfbewohner haben Stauwehre aus Steinen gebaut, um das kostbare Naß auf ihre Felder zu leiten: Seguias. Für uns sind es schwer kalkulierbare Hindernisse auf dem feuchten Ritt, vorbei an Feldern und Oasen, die vor Fruchtbarkeit strotzen.
Wir rasten unter einer Wehrburg aus gestampftem Lehm und Strohhäckseln. Das Bauwerk ist ein architektonisches Kunstwerk und gab der berühmten Straße der Kasbahs ihren Namen.
Die viereckigen Burgen mit Ecktürmen werden nun als Vorratsspeicher benutzt. Sie sind der Erosion schutzlos preisgegeben und damit dem Verfall. Die Weltkulturerben der Unesco zergehen im seltenen Regen und dem ständigen Sandstrahlgebläse des Windes. Alles Land war Wüste und wird es wieder werden.
1. Kapitel Sahara - Endzustand aller Materie Im Eselsgalopp über Wasser in die Wüste Bücher
|