Auf den Spuren von Robinson CrusoeS eit 1966 trägt Más a Tierra den Namen Isla Robinson Crusoe - vor allem dem Tourismus zuliebe. Bekannter hat es sie kaum gemacht, und die Informationen sind nach wie vor dürftig und widersprüchlich. Erschlossen ist die Buschwildnis aus kaum zugänglichem und zerfurchtem Bergland an nur wenigen Stellen. Das macht den Bergsteiger neugierig - und kreativ. Wo auf der Welt gibt es so etwas noch?
U nsere Rücksäcke sind für mehrere Tage gepackt. Sie liegen unter uns in der stacheligen Macchia, die wie ein grüner Überwurf die Luvseiten der Berge überzieht. Der Felsen mit der umfassenden Rundsicht ist mit 565 Metern vermessen. Eine flache Morgensonne zaubert Plastizität in die Landschaft und offenbart den Reiz der Insel: den Kontrast zwischen der wüstenhaft kargen Küstenlinie und den sattgrünen Gebirgen mit einem undurchdringlichen Überwurf aus Bäumen, Farnen und Gräsern, eingefangen von der Brandungslinie des Ozeans wie in einem bewegten Bilderrahmen. Menschen und Häuser gibt es nur in San Juan Bautista weit unten an der Küste. Kaum einer der einheimischen Langustenfischer verirrt sich hier hoch.
Nur wenige Schiffe laufen die Insel an. Heute führt nur ein vernünftiger Weg zur Isla Juan Fernández: per Flugzeug. Siebenhundert Kilometer und dreieinhalbe Flugstunden sind es von Santiagos verträumtem Stadtflughafen Los Cerillos. Als wir dort am Morgen mit der kleinen Turboprop abheben, sind acht Personen an Bord: vier Touristen, zwei Einheimische und zwei Piloten. Der Rest der Kabine ist mit Gepäck vollgestopft- auch mit unseren Rucksäcken.
S elkirks Ausrüstung war gegen unser modernes Material bescheiden. Außer Kleidung und Bettzeug hatte er eine Flinte mit Pulver und Kugeln, Tabak, ein Beil, ein Messer, einen Kessel, die Bibel und seine nautischen Geräte. Wenig genug für das Überleben auf einem abgeschiedenen Eiland. Er hatte die vage Hoffnung, eines Tages von Piraten, welche die Insel als Unterschlupf nutzten, aus seiner Einsamkeit erlöst und an Bord genommen zu werden. Wir haben ein Rückflugticket in der Tasche und den unsicheren Flugplan im Kopf.
D er Flug über die Weite des Pazifiks vermittelt ein eindrucksvolles Gefühl für die Abgeschiedenheit der Insel. - für drei Stunden nichts als blauer Himmel vor uns und dunkles Wasser unter uns. Auf der schmalen Landepiste - eher eine staubige Landstraße in Form einer überdimensionalen Sprungschanze, die unmittelbar aus dem Meer zu zwei erloschenen Vulkanen mit einem tiefen Einschnitt führt - landen die Piloten bravourös. Karge Hügel und roter Sand dominieren diesen trockenen und bis auf den winzigen Flughafen mit seinen wenigen Wellblechhütten unbewohnten Teil der Insel. Die Gegend gleicht einer Wüste, überragt wird sie von dem atemberaubend grünen und fast tausend Meter steil aufragenden El Yunque. Flankiert vom formschönen La Pirámide ist er der höchste Berg. Mit ziemlicher Sicherheit ist wegen des undurchdringlichen Urwalds und trotz der bescheidenen Höhen noch keiner von beiden bestiegen.
D ie einzige Siedlung liegt auf der anderen Inselseite. Der kürzeste Weg dorthin führt per Schiff - außen herum. Zwei Stunden tanzt das offene Fischerboot über die hohe Dünung. Wir haben uns auf den Planken ausgestreckt und beobachten das Zick-Zack der Fliegenden Fische im klaren Wasser. Fette Seelöwen sonnen sich auf Felsen oder strecken schnaubend ihre Nasen aus den Fluten. Unverständlich, dass Selkirk diese possierlichen Gesellen für Seeungeheuer hielt, deren „Gesang ihn in Angst und Schrecken versetzte".
Die Geschichte Die Berge der Insel sind ein Weltkulturerbe Ein Robinson schlummert in jedem von uns Reiseinformationen
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